Black Mountain Numbers Station ist ein einseitiges Solo-Roleplaying-Game von Simon de Vet. Es ist auf itch.io erhältlich.
Zunächst ergaben die Zahlen für mich keinen Sinn, doch nun bin ich mir nicht mehr sicher. Seltsamerweise entsprachen die letzten Zahlen der alten Raumnummer der Mehrzweckhalle, in der wir uns eingerichtet haben. Aber das ist wahrscheinlich nur ein Zufall, oder?
Heute konnte ich im Radio absolut nichts hören – wie frustrierend. Dann schlug Maike ausgerechnet Bingo als abendliche Beschäftigung vor. Zum ersten Mal wurden deutlich mehr ungerade als gerade Zahlen gezogen – wie verdächtig. Ich bin überzeugt, dass die geraden Zahlen eine Bedeutung haben.
Ich war aufgeregt, denn heute kamen sie in Form einer Art Sinuswelle aus auf- und absteigenden Tönen und es waren ausschließlich Dreien. Während der Feldarbeit war ich sehr unkonzentriert, da ich ständig über die Dreien nachdachte. Am Ende wurde Maike etwas gereizt, als sie mich ansprach und ich zunächst nicht reagierte, weil ich nicht hörte, was sie eigentlich sagte - stattdessen hörte ich Nummern. Weitere Nummern. Ich bin mir sicher, dass es nicht Maike war, die sie aufzählte. Aber sie können doch auch nicht einfach durch die Luft zu mir gekommen sein.
Heute hatte ich nur leichte Arbeit zu erledigen: Wäsche waschen und kochen. Ich hatte sogar Zeit für ein Mittagsschläfchen - tatsächlich wurde es mir sogar empfohlen. Die Leute machen sich Sorgen um mich; anscheinend wirke ich etwas abwesend. Während des Schlafens hatte ich einen bemerkenswerten Traum: Ein schwarzer Berg umgeben von noch mehr Dunkelheit. Nur dieser Berg und ein Sendemast auf seiner Spitze – hat das etwas mit den Zahlen zu tun? Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits glaube ich nicht, dass ich halluziniere, andererseits scheint mein Unterbewusstsein verrückt zu spielen.
Endlich höre ich wieder die Stimme im Radio, doch es ist nicht dieselbe Stimme wie zuvor, sondern eine andere - viel rauer. Die letzten Tage ohne neue Zahlen waren frustrierend, doch nun fühle ich mich wieder besser. Sollte ich Maike von den Zahlen erzählen?
Gestern gab es wieder keine Zahlen und auch heute konnte ich den Radiosender nicht finden. Aber während der Feldarbeit haben wir das Wrack eines alten Autos ausgegraben. Die Seriennummer passt perfekt – das kann kein Zufall sein.
Es ist kein Zufall, die Zahlen ergeben einen Sinn! Jetzt erkenne ich das Muster in der Reihenfolge meiner Arbeitseinsätze, wenn ich sie alphabetisch rückwärts sortiere und durchnummeriere.
Ohne die Radiostation zu hören bin ich mir sicher, dass die Reihenfolge meiner Arbeitseinsätze die nächsten Zahlen ergibt – das Muster passt! Es passt!
Es passt immer noch! Kein Zufall! Ich muss herausfinden, wie die Rotation unserer Arbeit funktioniert.
Angeblich basiert es auf einem Zufallsprinzip, das nur dadurch korrigiert wird, dass niemand mehr als zweimal hintereinander dieselbe Arbeit zugewiesen bekommt. Ha! Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich den Boden gehackt und gejätet habe – auf jeden Fall deutlich öfter als nur gekocht.
Die Stimme hat sich wieder verändert. Ich bin mir nicht sicher, ob es ein neuer Sprecher ist. Sie ist jetzt viel leiser als zuvor, aber immer noch männlich. Sie ist so leise, fast ein Flüstern, dass ich mich nicht entscheiden kann, ob sie immer noch rau klingt oder ob das nur das Rauschen ist.
Es war nur das Rauschen. Heute ist die Stimme lauter und definitiv gehört sie nicht dem alten Sprecher. Irgendwo müssen noch mehr Menschen sein.
Auf unseren Sammelgängen in die Umgebung müssen wir immer weiter hinauslaufen. Es ist jetzt fast so weit, dass wir zweimal übernachten müssen, bevor wir wieder zurück zum Lager gehen können. Gestern Mittag am Scheitelpunkt unserer Wanderung – gerade als wir uns umdrehten - sah ich am Horizont den schwarzen Berg. Ich bin mir absolut sicher.
Ich habe es geschafft eine Karte zu finden und bemühe mich abzuschätzen, wo sich der Berg befinden müsste. Ich bin mir nicht ganz sicher und es sieht etwas schief aus. Aber seine Koordinaten könnten im Muster der letzten Zahlen verborgen sein.
Die Stimme ist jetzt weiblich und fröhlich – ich muss auf dem richtigen Weg sein!
Heute wurde mir plötzlich alles klar: Es sind natürlich nicht die von mir geschätzten Koordinaten, die nur knapp ins Muster passen – sondern es ist das Muster selbst, das die korrekten Koordinaten enthält! Ich markiere den Punkt auf der Karte, an dem der schwarze Berg liegen muss.
Es ist immer noch dieselbe Frau, die spricht, doch ihre Stimme wird heiserer und schwächer. Sind die Sprecher krank? Werden sie krank?
Ich habe es geschafft, den nächsten Sammeleinsatz in Richtung des schwarzen Berges zu lenken. Ich traue mich nicht über ihn zu sprechen und warte darauf, dass andere etwas dazu sagen. Aber alle sind mit ihrer Aufgabe beschäftigt – wie frustrierend! Vielleicht sollte ich doch noch einmal mit Maike sprechen.
Tagelang habe ich nichts gehört und Maike hat mich nur verständnislos angesehen. Aber heute Morgen kamen die Zahlen wieder. Ich weiß noch nicht, was ihre Bedeutung im Moment ist, aber es scheint eine gewisse Dringlichkeit in der neuen Stimme zu liegen – keine der vorherigen Stimmen hat die Zahlen so betont.
Und schon wieder eine neue Stimme! Wenn ich schon frustriert bin – wie muss es dann den ständig wechselnden Sprechern gehen? Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, die Stimme zu kennen – sie klingt fast genau wie Klaus’, nur etwas müder. Wenn er vom Sammeleinsatz zurück ist, werde ich ihn in ein Gespräch verwickeln.
Klaus ist nicht vom Sammeleinsatz zurückgekehrt und ich soll seinen Platz einnehmen. Sollte ich mit seinen Zahlen weitermachen?
Ich habe beschlossen, mit seinen Zahlen weiterzumachen – ich glaube schon lange nicht mehr an Zufälle. Auf dem Sammeleinsatz verlasse ich die anderen und wandere auf den Berg zu. Heute Morgen habe ich den Aufstieg begonnen – er ist höher, als ich gedacht hätte, aber das schaffe ich. Früher sind die Menschen auch ständig auf Berge geklettert.
Wieder eine neue Stimme – schwach, sehr schwach. Ich komme!
Eine weitere neue Stimme.
Die Radiostation existiert tatsächlich! Ich hatte fast aufgehört daran zu glauben, doch die Tage des Kletterns haben sich gelohnt. Meine Vorräte sind aufgebraucht und hier gibt es nichts zu essen – den Abstieg würde ich nicht mehr schaffen. Ich hatte so gehofft, hier Antworten zu finden, aber es gibt nichts – nichts außer dem Mikrofon und ein paar Würfeln. Ich möchte lachen, habe aber nicht mehr die Energie dafür. Nach ein paar langen Minuten schalte ich das Mikrofon ein: Ein rotes Licht glimmt auf – gerade hell genug, um die Augen der Würfel erkennen zu können.